Was ist Overthinking? Wie wirkt sich Overthinking auf den Schlaf aus?

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Was ist Overthinking?Ausreichend Schlaf ist nicht nur zur Regeneration des Körpers wichtig, sondern auch zum Erhalt der mentalen Gesundheit. Andersherum wirken sich psychische Probleme oft auch negativ auf den Schlaf aus, was wir in der Vergangenheit z. B. im Artikel „Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Schlaf und Depression?“ behandelt haben.

Im Fokus dieses Artikels steht das Overthinking. Wir erklären Ihnen, was Overthinking ist, gehen auf relevante Hintergründe ein und schauen uns an, welchen Einfluss Overthinking auf den Schlaf nimmt. Außerdem haben wir Infos und Tipps zusammengetragen, die Ihnen dabei helfen können, Overthinking in den Griff zu bekommen.

Viel Spaß beim Lesen und allzeit gute Nächte ohne kreisende Gedanken!


Was ist Overthinking?

„Ich denke, also bin ich.“ ist ein Ausspruch des französischen Aufklärungsphilosophen René Descartes (1596-1650), der anschaulich zum Ausdruck bringt, dass das Denken ein wesentlicher Bestandteil des Seins ist und das moderne Individuum ausmacht.

Es kann allerdings passieren, dass das Denken außer Kontrolle gerät. Betroffene sitzen dann auf dem Gedankenkarussell bzw. in der Grübel-Falle fest.

Wenn aus dem Nachdenken Sorgen, Verzweiflung und Ängste entstehen, statt Erkenntnisse oder Ansätze zur Problemlösung, sprechen Fachleute vom Overthinking (englisch für „übermäßiges Denken“).

Eine klinische Definition zum Overthinking gibt es aktuell noch nicht. Man geht davon aus, dass es eng mit dem psychologischen Phänomen des Cognitive Overloads (Cognitive Load Theory) verwandt ist, wobei es sich bei beidem um einen Zustand handelt, bei dem das Gehirn viel zu vielen Reizen auf einmal ausgesetzt ist, was dazu führt, dass am Ende gar nichts mehr geht. Overthinking ist jedoch nicht identisch mit dem Cognitive Overload.


Video: Cognitive Overload und warum weniger oft mehr ist | Yvo Wüest


Was passiert im Gehirn und im Körper während des Overthinkings?

Mit dem Overthinking sind in der Regel erhöhte Aktivitäten in verschiedenen Arealen des Gehirns verbunden. Dazu gehört unter anderem der präfrontale Kortex, welcher für komplexe Denkprozesse wie beispielsweise die Entscheidungsfindung oder Lösung von Problemen zuständig ist. Eine weitere Hirnregion, die durch das Overthinking hochaktiv sein kann, ist das limbische System, welches von Bedeutung für die Verarbeitung von Emotionen ist. Auch das Stirnhirn, das Einfluss auf Persönlichkeit und Verhalten nimmt, kann durch übermäßiges Denken bzw. Grübeln in einen Zustand erhöhter Aktivität versetzt werden.

Durch Overthinking können außerdem ungünstige Gedankenmuster manifestiert werden, weil es durch wiederholtes Grübeln zu einer Verstärkung und Festigung der Muster kommt. – Die neuronalen Verbindungen, welche für diese Gedanken verantwortlich sind, werden stabilisiert. Je häufiger man über ein bestimmtes Problem nachdenkt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, ist es, dass diese Denkmuster automatisch auftreten und immer mehr Raum einnehmen.

Overthinking kann erheblichen Einfluss auf den Schlaf nehmen, da Overthinking eine erhöhe Gehirnaktivität im Schlaf bewirken kann, was zu unruhigem Schlaf oder gar Schlaflosigkeit führen kann. Schlafmangel zieht wiederum weitere negative Effekte für die körperliche und geistige Gesundheit nach sich.

Das übermäßige Nachdenken und Grübeln über Probleme kann Stress verursachen. Durch die vermehrte Ausschüttung von Stresshormonen wie Kortisol, kommt es zu körperlichen Reaktionen wie z. B. einem beschleunigten Herzschlag und Muskelspannungen. Darüber hinaus kann sich der Stress auch negativ auf die Stimmung auswirken.

Overthinking-Betroffene bzw. Overthinker oder auch Grübler verfügen zudem häufig über eingeschränkte Fähigkeiten zur Entspannung. – Wer das Gedankenkarussell nicht anhalten kann, kommt kaum zur Ruhe und kann dementsprechend auch nicht ausreichend entspannen und sich erholen.


Wie kommt es zu übermäßigem Grübeln?

Wie kommt es zu übermäßigem Grübeln?Besonders häufig wird Overthinking durch Ängste und Sorgen ausgelöst. Wenn man sich Sorgen über seine Zukunft, finanzielle Nöte, partnerschaftliche Probleme oder auch um seine Gesundheit macht, kann dieses das Gehirn schnell in einen Zustand endlosen Nachdenkens versetzen, da das Hirn versucht, Lösungen für die Ängste und Probleme zu finden. Meist sind diese aber nicht so einfach zu erdenken, so dass es in der Folge zum Overthinking und dazu kommt, dass man sich noch gestresster und schlechter fühlt.

Overthinking ist außerdem sehr oft bei Perfektionisten zu beobachten. Perfektionistisch veranlagte Personen neigen dazu, jedes Detail ausgiebig zu durchdenken und nie zufrieden zu sein, weil sie fortwährend nach Verbesserungsmöglichkeiten suchen. Dieser Hang bzw. auch Drang nach Perfektion kann zur Folge haben, dass sich Betroffene richtiggehend in ihren Gedanken verlieren.

Mangelnde Ablenkung z. B. in einer eintönigen bzw. reizarmen Umgebung oder auch in einer langweiligen Situation kann das Gehirn dazu bringen, sich mit seinen eigenen Gedanken zu befassen, was wiederum zu Grübeln führen kann. In diesem Zusammenhang sind auch Langeweile und Einsamkeit zu nennen, die ebenfalls viel Zeit zum Beschäftigen mit der inneren Gedankenwelt bieten und so auch übermäßiges Nachdenken verursachen können.

Wie bereits erwähnt, kann Overthinking schlechten Schlaf und Schlaflosigkeit verursachen. Andersherum können eine mangelnde Schlafqualität oder zu wenig Schlaf auch übermäßiges Denken auslösen. Bedingt durch den nicht ausreichenden Erholungswert der Nachtruhe kann das Gehirn die Gedanken schlechter kontrollieren und filtern, was einen endlosen Gedankenstrom nach sich ziehen kann.

Traumatische Erlebnisse aus der Vergangenheit oder andauernde belastende Situationen in der Gegenwart führen nicht selten dazu, dass man immer wieder über dieselben Dinge nachdenkt. Das Gehirn versucht meist vergeblich, die negativen Erfahrungen zu verarbeiten und Lösungen zu finden, wodurch in der Folge nicht enden wollende Gedankenspiralen auftreten.

Wer nicht achtsam ist und sich nicht oder zu wenig auf den gegenwärtigen Moment konzentriert, riskiert, dass er in der Vergangenheit oder auch in der Zukunft feststeckt, statt im Hier und Jetzt zu leben. Dabei hängt man auch oft in unproduktiven Grübeleien fest.


Wie wirkt sich Overthinking aus?

Übermäßiges Grübeln kann negative Effekte auf den Körper, die Psyche sowie das Sozialleben haben:

Körperliche Auswirkungen von Overthinking

Psychische Auswirkungen von Overthinking

  • Gereiztheit
  • Erschöpfung
  • Nervosität
  • Teilnahmslosigkeit
  • Motivationsverlust
  • Depression
  • reduziertes Selbstvertrauen
  • weniger Lebensfreude
  • Albträume
  • Libidoverlust

Auswirkungen von Overthinking auf das Sozialleben

  • Rückzugsort
  • durch negative Gedanken wird der Verlust von Kontakten u.U. gefördert
  • fehlende Spontanität
  • weniger Empathie
  • verminderte Leistung bei der Arbeit
  • Humorlosigkeit
  • Suchtprobleme

Wie beeinflusst Overthinking den Schlaf?

Eine der deutlichsten Auswirkungen von Overthinking auf den Schlaf sind Einschlafprobleme und Schlaflosigkeit. Ein unkontrolliert „ratterndes“ Gehirn verhindert, dass man zur Ruhe kommt und in den Schlaf gleiten kann.

Ist man dann trotz Gedankenkarussell endlich eingeschlafen, hält das Overthinking meist noch an. Nicht selten manifestieren sich die kreisenden Gedanken in Form von unruhigen Träumen bis hin zu Albträumen. Dieses intensive Traumverhalten kann sich störend auf den Schlaf auswirken und dafür sorgen, dass man am Morgen müde ist und sich so fühlt, als hätte man in der Nacht überhaupt keinen Schlaf bekommen.

Für die Erholung ist der Tiefschlaf die wichtigste Etappe im Schlafzyklus. Er lässt Körper und Geist regenerieren. Bedingt durch Overthinking bzw. die ständige Aktivität des Gehirns im Schlaf, gibt es weniger Tiefschlaf, weshalb man am Morgen weniger erholt aufwacht.

Wer Probleme damit hat, seinen Kopf freizubekommen bzw. das Gedankenkarussell zu verlassen, geht unter Umständen erst später ins Bett, wodurch sich die Schlafdauer reduziert, wenn man am Morgen trotzdem früh raus muss, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. Das daraus resultierende Schlafdefizit wirkt sich mittel- bis langfristig einmal mehr negativ auf die Gesundheit von Körper und Geist aus.

Durch Overthinking kann man sich tagsüber unkonzentriert und müde fühlen. Nicht selten, hat man Probleme damit, Aufgaben zu bewältigen und effizient zu arbeiten. Man wird unproduktiv, was in der Regel Unzufriedenheit nach sich zieht.


Wieso verstärken Schlafprobleme Overthinking?

Schlafmangel beeinträchtigt die kognitive Funktion des Gehirns. Es fällt einem schwerer, Informationen zu verarbeiten, Probleme zu lösen und sich zu konzentrieren. In der Folge fühlt man sich tagsüber gestresster und ist empfänglicher für negative Gedanken, was sich wiederum verstärkend auf Overthinking auswirkt.

Wenn Schlaf fehlt, führt dieses zu einer Erhöhung der emotionalen Reaktivität des Gehirns. – Wir reagieren empfindlicher auf stressige Situationen und erleben negative Emotionen stärker. Dazu gehören auch Sorgen und Ängste, welche häufig prägend für Overthinking sind, so dass auch das Overthinking gefördert wird.

In der Stille und Dunkelheit der Nacht finden negative Gedankenspiralen den perfekten Nährboden. Wer wach im Bett liegt, hat viel Zeit über seine Probleme nachzudenken. Verstrickt sich das Gehirn dabei in ein „Was-wäre-wann-Szenario“ kommt es zu einer weiteren Intensivierung des Overthinkings.


Wie kann man Overthinking überwinden bzw. was kann man gegen Overthinking tun?

Es stehen verschiedene Strategien zur Verfügung, um gegen das übermäßige Grübeln vorzugehen und den Schlaf zu verbessern:

Achtsamkeit und Meditation
Achtsamkeitsübungen können unterstützen, den Geist zu beruhigen und ins Hier und Jetzt zurückzufinden. Mithilfe von Meditation können negative Gedankenspiralen durchbrochen werden.

Entspannungstechniken
Mithilfe von Entspannungstechniken wie z. B. der Progressiven Muskelentspannung, dem autogenen Training oder auch durch Atemübungen, kann man zur Ruhe finden und so den Kopf von den ungünstigen und unproduktiven Gedanken befreien.

Tagebuch führen
Durch das schriftliche Fixieren der Gedanken in einem Tagebuch, kann man die Gedanken ordnen und oft auch loslassen. Das Tagebuch dient dann quasi als Ventil für Sorgen und Ängste.

Wenn man allein nicht weiterkommt und einfach keinen Ausweg aus dem Overthinking findet, weil dieses bereits chronisch geworden ist und/oder andere schwerwiegende Probleme dahinterstecken, sollte man sich professionelle Hilfe suchen. Der Hausarzt kann hier ggf. ein erster wichtiger Ansprechpartner sein, der bei der Suche nach einem geeigneten Psychologen, Psychiater oder Psychotherapeuten unterstützt.

Tipp der Redaktion:

Im Schlafmagazin-Artikel Wolfsstunde – die Stunde des Wolfes: Was ist das und was kann man tun? finden Sie weitere Informationen rund um Gedankenspiralen, Grübelfallen und Möglichkeiten, etwas dagegen zu unternehmen.


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Judith Schober

Als Content Marketing Managerin betreut sie seit 2014 die Online-Redaktion des Shops Betten.de. Im Schlafmagazin veröffentlicht sie u. a. Beiträge rund um aktuelle Einrichtungstrends sowie Pflegetipps und Artikel zu Gesundheitsthemen.

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