Schlaf und Kopfschmerzen
Kopfschmerzen sind wohl schon jedem von uns begegnet und gehören zu den Dingen, auf die man sehr gut verzichten könnte. Bei Kopfschmerzen handelt es sich um eine wahre Volkskrankheit, von der allein in Deutschland rund 54 Millionen Menschen betroffen sind.
In unserem heutigen Artikel im Schlafmagazin beschäftigen wir uns intensiver mit der Thematik Kopfschmerzen, erklären beispielsweise welche Arten von Kopfschmerzen es gibt, informieren über die Zusammenhänge zwischen Schlaf und Kopfschmerzen und geben Tipps, was man gegen Kopfschmerzen unternehmen kann.
Welche Arten von Kopfschmerzen werden unterschieden?
Aktuell unterscheidet man weit mehr als 200 verschiedene Arten von Kopfschmerzen, wobei die Internationale Kopfschmerzgesellschaft (International Headache Society | IHS) eine Unterteilung nach primären Kopfschmerzen und sekundären Kopfschmerzen vornimmt.
Sekundäre Kopfschmerzen treten lediglich als Begleiterscheinung bzw. Symptom einer anderen Erkrankung wie z. B. einer Erkältung oder auch bei einem Kater nach übermäßigem Alkoholgenuss auf. Im Fall von primären Kopfschmerzen entsprechen die Schmerzen im Kopf selbst der Krankheit.
Zu den bekanntesten primären Arten der Kopfschmerzen gehören:
Spannungskopfschmerzen
Wenn von Kopfschmerzen die Rede ist, sind damit in der Regel drückende, dumpfe oder ziehende Schmerzen gemeint, die meist den ganzen Kopf bzw. beide Gesichtshälften betreffen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Spannungskopfschmerz bzw. Spannungskopfschmerzen. Spannungskopfschmerz fühlt sich oft so an, als wäre ein Eisenband um den Kopf gespannt und übe Druck aus.
Durch Bewegung und körperliche Aktivitäten lassen Beschwerden im Rahmen von Spannungskopfschmerzen häufig nach. Vorhandene Spannungskopfschmerzen können schlimmer werden, wenn man sich abends ins Bett legt, um zu schlafen.
Diese Art von Kopfschmerzen geht meist von bestimmten Muskelgruppen aus, kann aber auch Folge von psychischen Belastungen, Stress, Schlafstörungen, einer schlechten Körperhaltung oder auch vom Zähneknirschen sein. Mit Spannungskopfschmerzen sind häufig Muskelverspannungen im Bereich der Schultern und des Nackens verbunden.
In Deutschland sollen rund 25 Millionen Menschen von Spannungskopfschmerzen betroffen sein. Frauen und Männer sollen ungefähr gleich häufig unter Spannungskopfschmerzen leiden.
Spannungskopfschmerzen dauern wenige Minuten bis hin zu mehreren Tagen oder sogar eine Woche lang an.
Migräne
Bei Migräne fallen die Schmerzen hämmernd, pochend oder pulsierend aus. Der Schmerz konzentriert sich meist auf eine Gesichtshälfte und dort auf den Bereich hinter dem Auge. Selten treten die Schmerzen bei Migräne auch in beiden Gesichtshälften gleichzeitig auf.
Durch körperliche Aktivitäten werden die Beschwerden der Migräne noch verstärkt.
Unter Migräne leiden in Deutschland etwa 15% der Frauen und circa 6% Männer.
Migräne-Attacken können eine Dauer von vier Stunden bis hin zu drei Tagen haben und sowohl tagsüber als auch nachts auftreten. Durchschnittlich kommt es im Monat zu einem bis drei Migräneanfällen. Etwa acht Prozent der Migräniker hat häufiger als drei Mal pro Monat mit Migräne zu kämpfen.
Auf der WHO „Hitliste“ der Erkrankungen, die den Alltag am stärksten behindern, belegt die Migräne den sechsten Platz.
Mehr zur Migräne unter: Hintergründe und Informationen zur Migräne
Mehr als 90% aller Personen, die unter Kopfschmerzen leiden, sind von Spannungskopfschmerzen oder Migräne – teilweise auch einer Kombination aus beidem – betroffen.
Cluster-Kopfschmerzen
Im Fall von Cluster-Kopfschmerzen tritt der Schmerz mehrmals pro Tag – auch während der Nacht / im Schlaf – in Episoden (periodisch stark gehäuft – Cluster) mit einer Dauer von 15 bis 180 Minuten auf und konzentriert sich einseitig meist rund um ein Auge bzw. hinter einem Auge herum. Die Schmerzen können aber auch in den Bereich von Stirn und Schläfe ziehen.
Der Schmerz äußert sich in einem unerträglichen, bohrenden Stechen. Als Begleiterscheinungen kann es zu Augenrötung, Tränenfluss, einer Verengung der Pupillen oder auch zu Schwitzen im Gesicht und auf der Stirn kommen.
Ursächlich für das Auftreten von Cluster-Kopfschmerzen soll eine Störung in der circadianen Rhythmik bzw. eine aus dem Takt geratene innere Uhr sein.
Cluster-Kopfschmerzen zählen zu den schlimmsten Kopfschmerzen, die man haben kann und sind kaum zu ertragen. Zum Glück treten Cluster-Kopfschmerzen nur sehr selten auf.
70% bis 90% der Personen, die unter Cluster-Kopfschmerzen leiden, sind männlich.
Test: Welche Art von Kopfschmerzen habe ich?
Spannungskopfschmerzen
- Ist mein Appetit durch die Kopfschmerzen beeinträchtigt?
- Kann ich trotz Kopfschmerzen weiter arbeiten, zur Schule gehen oder Freizeitbeschäftigungen nachgehen?
- Bleiben die Kopfschmerzen durch Aktivitäten wie Treppensteigen oder Spazierengehen gleich oder verbessert sich die Schmerzlage sogar durch die Bewegung?
Migräne
- Ist mir während der Kopfschmerzen übel?
- Bin ich durch die Kopfschmerzen in meinen Aktivitäten (Beruf, Schule, Freizeit) eingeschränkt bzw. massiv behindert?
- Werden die Kopfschmerzen durch Aktivitäten wie Treppensteigen oder Spazierengehen schlimmer?
Cluster-Kopfschmerzen
- Habe ich etwa jeden zweiten Tag mit Kopfschmerzattacken zu kämpfen, die bis zu acht Mal pro Tag in Erscheinung treten?
- Kommen die Kopfschmerzen anfallsartig und konzentrieren sie sich bei einer Anfallsdauer zwischen 15 Minuten und 180 Minuten sich auf einer Gesichtshälfte im Bereich von Auge und Schläfe?
- Treten neben den heftigen Kopfschmerzen auch noch andere Symptome in der gleichen Gesichtshälfte (gerötetes / tränendes Auge, verstopfte / laufende Nase, hängendes Lid) oder körperliche Unruhe auf?
Wenn Sie bei einem Kopfschmerztyp mehr als zwei der drei Fragen für sich mit „Ja“ beantworten können, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie unter dieser Art von Kopfschmerz leiden.
Sinusitis-Kopfschmerzen
Dann gibt es noch die so genannten Sinusitis-Kopfschmerzen, bei denen der anhaltende Schmerz in der Nasenregion (in den Wangenknochen, auf der Stirn oder auch auf dem Nasenrücken) konzentriert ist.
Sinusitis-Kopfschmerzen gehören zu den sekundären Kopfschmerzarten, da sie ein Symptom einer Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung / Stirnhöhlenentzündung durch Infektion oder Allergie) sind.
Zusammen mit den Sinusitis-Kopfschmerzen leiden Betroffene in der Regel auch noch an anderen Beschwerden wie Fieber oder einer laufenden Nase.
Kopfschmerz-Arten und die damit verbundenen Haupt-Schmerzareale im Gesicht
Hintergründe und Informationen zur Migräne
In der Erforschung der Migräne sind auch heute noch viele Fragen offen. Man weiß allerdings, dass es bei circa zwei Drittel aller Migränepatienten eine familiäre Vorbelastung vorhanden ist, was bedeutet, dass es genetische Faktoren gibt, die die Entstehung eines Migräne-Leidens fördern.
Durch klinische Studien hat man außerdem erkannt, dass Frauen in den Wechseljahren durch das abrupte Sinken des Östrogenspiegels ein verstärktes Migräne-Risiko haben.
Migräne kann auch durch das eigene Verhalten ausgelöst werden. So können beispielsweise übermäßiger Stress, ein Zuviel oder auch Zuwenig an Schlaf sowie eine unregelmäßige Nahrungsaufnahme eine Migräneattacke nach sich ziehen.
Forscher haben außerdem erkannt, dass die Reizverarbeitung im Gehirn von Migränepatienten anders abläuft: Die Nerven stehen fortwährend unter Hochspannung. Kommt es dann zu einer Reizüberflutung, bei der zu viele unterschiedliche Reize in zu hohem Tempo und zu energetisch auf die Nervenzellen einwirken, löst dieses u. U. eine schmerzhafte Entzündungsreaktion und damit eine Migräneattacke aus.
15% aller Migräniker, wie Personen, die unter Migräne leiden auch genannt werden, wird die Migräneattacke durch Störungen im Sehen, in der Sprache, in den Gefühlen und in der Konzentration eingeleitet. In diesem Zusammenhang spricht man in der Medizin von einer Migräne mit Aura. Übelkeit und Erbrechen oder auch Geräuschempfindlichkeit oder Lichtempfindlichkeit können ebenfalls dazu gehören.
Neben der Migräne mit Aura gibt es auch noch andere Sonderformen der Migräne. Beispiele hierfür sind die vestibuläre Migräne, bei der Schwindelgefühle im Fokus stehen oder die abdominelle Migräne, bei der die Schmerzen nicht im Kopf, sondern im Bauch auftreten.
Wenn jemand über einen Zeitraum von einem Monat mehr Tage hat, an denen er an Migräne leidet, als Tage ohne Migräne-Attacken, spricht man von einer chronischen Migräne.
Schlaf und Kopfschmerzen
Wenn wir dauernd im Stress oder übermüdet sind – oft bedingt Dauerstress auch ein gewisses Schlafdefizit, bringt dieses unseren Biorhythmus aus dem Gleichgewicht. Tritt dieses wiederholt auf, kommt es in der Folge unter anderem zu Müdigkeit, mangelndem Wohlbefinden, Kopfschmerzen oder auch Migräne.
Gerade Personen, die an Migräne leiden, reagieren oft sehr sensibel auf Störungen im Schlaf-Wach-Rhythmus und können ungewollt durch mangelnden Schlaf die nächste Attacke auslösen.
Bekommt der Körper zu wenig Schlaf, kann sich auch das Gehirn nicht ausreichend generieren, was wiederum der beste Schutz gegen die Entstehung von Kopfschmerzen sein soll.
Menschen, die unter Einschlaf- und/oder Durchschlafstörungen wie z. B. einer Schlafapnoe leiden, sollten versuchen, diese zu beheben oder abzuschwächen, um so Kopfschmerzen vorzubeugen bzw. bei vorhandener Kopfschmerz- oder Migräne-Problematik für Linderung zu sorgen.
Neben einem Zuwenig an Schlaf, kann auch ein Zuviel an Schlaf zu Kopfschmerzen führen.
Da sich Kopfschmerzen auch verstärken können, wenn man sich hinlegt, bzw. Migräne oder Cluster-Kopfschmerzen auch während der Nachtruhe auftreten können, können Kopfschmerzen selbst auch als Schlafstörer auftreten. Durch die Kopfschmerzen kommt es in der Folge dann zu einem Schlafdefizit, was wiederum die Entstehung neuer Kopfschmerzen begünstigt, so dass man sich relativ schnell in einem Teufelskreis wiederfinden kann.
Video: Video: Kopfschmerzen: Diagnose und Behandlung | NDR | Doku | 45 Min
Was kann man gegen Kopfschmerzen unternehmen?
Wenn man von Kopfschmerzen geplagt ist, kann man natürlich zu Medikamenten bzw. geeigneten Schmerzmitteln greifen, um die Situation erträglicher zu machen. Greift man allerdings zu häufig zu Arzneimitteln gegen Kopfschmerzen oder Migräne kann dieses auch das Gegenteil bewirken und dafür sorgen, dass es öfter zu Schmerzattacken kommt und diese zusätzlich noch stärker ausgeprägt sind.
Alternativ zur Schmerzmitteleinnahme gibt es andere Methoden, die dabei helfen können, die Kopfschmerzen zu reduzieren bzw. ganz zu beseitigen:
Wärme bei verspanntem Nacken
Zur Linderung von Spannungskopfschmerzen wird Wärme empfohlen. Rühren die Kopfschmerzen beispielsweise von einem verspannten Nacken her, kann ein dort aufgelegtes Kirschkernkissen für Entspannung sorgen.
Kopfmassage
Darüber hinaus ist es für viele Personen, die unter Spannungskopfschmerzen hilfreich, wenn sie sich die Haar raufen und ein wenig an den Haaren zupfen.
Kühlen nach längerer Bildschirmarbeit
Bei Kopfschmerzen die als Folge von zu langer Arbeit am Bildschirm auftreten, hilft hingegen meist Kühlen besser. Dazu legt man am besten einen feuchten Waschlappen auf Stirn und Schläfen.
Pfefferminzöl gegen Spannungskopfschmerz
Die ätherischen Inhaltsstoffe in Pfefferminzöl bewirken direkt auf die Haut aufgetragen, eine Schmerzblockade und Entspannung der Muskulatur. Für die Behandlung von Spannungskopfschmerzen werden spezielle Pfefferminzöle in Apotheken und Drogerien angeboten.
Entspannungsmethoden anwenden
In der Therapie von Kopfschmerzen hat man außerdem auch positive Erfahrungen mit dem Einsatz von Entspannungstechniken gemacht. So hilft beispielsweise die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson Betroffenen dabei, Verspannungen bewusst wahrzunehmen. Darüber hinaus können Entspannungsübungen dabei helfen, einen Bewusstseinszustand zu erreichen, der von den Kopfschmerzen ablenkt.
Verhalten anpassen
Verhaltensänderungen sind oft ein ganz zentrales Element in der Behandlung und Vorbeugung von Kopfschmerzen. Stressreduktion, regelmäßige Bewegung, Muskelentspannung, ein geregelter Tagesablauf und eine gesunde bzw. angepasste Ernährung sind einige Faktoren, die dabei helfen können, Kopfschmerzen – insbesondere auch Migräne – in den Griff zu bekommen.
Video: Video: Kopfschmerzen – 3 einfache Sofort-Übungen von Liebscher & Bracht
Migräne-Behandlung per App
Für die Behandlung von Migräne bzw. unterstützende Begleitung von Migräne-Patienten gibt es auch App-Angebote:
Migräne-App der Schmerzklinik Kiel
Die Migräne-App ist ein kostenloses Tool, welches in Kooperation von Experten der Schmerzklinik Kiel, des bundesweiten Kopfschmerzbehandlungsnetzes und der Techniker Krankenkasse entwickelt wurde.
In der App können Betroffene alle wichtigen Faktoren rund um das Auftreten von Migräne und Kopfschmerzen sowie die Medikamenteneinnahme dokumentieren. Es gibt die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Betroffenen, Adressen und Informationsangebote z. B. in Form eines Live-Experten-Chats mit der Schmerzklinik Kiel.
M-sense Migräne
Bei M-sense Migräne handelt es sich um eine so genannte App auf Rezept bzw. eine digitale Gesundheitsanwendung (DiGA), welche durch das Bundesinstitut für Arzneimittel & Medizinprodukte (BdArM) geprüft und zugelassen wurde. M-sense Migräne wird vom Arzt verschrieben. Die Krankenkasse trägt die Kosten für die Nutzung der App.
Der Weg zur kostenlosen Nutzung der App führt – wie bereits beschrieben – entweder über ein Rezept vom Arzt oder über die Krankenkasse direkt. Dazu muss man der Krankenkasse einen Diagnosenachweis für die Migräne vorlegen. Personen, die privat krankenversichert sind, müssen abklären, ob die Kosten für die App vom Versicherer getragen werden.
Zum Leistungsumfang von M-sense Migräne gehören u. a. ein intelligentes Kopfschmerztagebuch, umfangreiche Analysen zu Symptomen, Triggern und Medikamenten, auf Migräne zugeschnittene Entspannungsübungen sowie ein Arztreport, welcher gemeinsam mit Fachärzt*innen entwickelt wurde.
Spritze gegen Migräne
Gegen Migräne gibt es neuerdings auch eine Spritze mit dem Wirkstoff Erenumab. Die Behandlung mit der Migräne-Spritze ist möglich, wenn andere Therapien bislang keinen Erfolg gebracht haben. Bei Migräne wird im Körper der sogenannte CGRP-Botenstoff freigesetzt. CGRP steht für Calcitonin Gene-Related Peptide – ein Eiweißmolekül mit schmerzauslösender Wirkung. Mit der Spritze werden nun Antikörper in den Körper gebracht, die am Rezeptor für eine Blockierung der Reizübertragung sorgen. In der Folge bleibt die Übertragung der Schmerzbotschaft aus.
Migräniker können sich die Spritze bzw. den Wirkstoff ähnlich wie Diabetiker mithilfe eines Autoinjektors selbst verabreichen. Hierbei wird auf eine regelmäßige Gabe – normal im vierwöchigen Abstand – zur Vorbeugung gesetzt.
In Studien zeigt sich eine sehr gute Wirkung bei einem Drittel der Probanden, ein weiteres Drittel erlebt noch gute Effekte durch die Injektionen und bei einem Drittel bleibt die Wirkung aus.
Video: Migräne – Neue Erkenntnisse zu Prophylaxe und Behandlung | Marktcheck SWR