Schlaf verbessern mit Tai Chi
Eine zentrale Thematik, die uns im Schlafmagazin immer wieder begegnet, sind Entspannungstechniken und andere Methoden oder Aktivitäten, die geeignet sind, um Stress abzubauen, Schlafstörungen zu bekämpfen und den Schlaf zu verbessern. In diesem Zusammenhang standen z. B. schon Yoga oder Qigong im Mittelpunkt von Artikeln hier im Schlafmagazin.
In unseren Ausführungen über Qigong sind wir seinerzeit auch kurz auf die Unterschiede zwischen Yoga, Qigong und Tai Chi eingegangen. Jetzt wollen wir dem Tai Chi mehr Raum geben. So informieren wir darüber, was Tai Chi überhaupt ist, betrachten Ursprung, Hintergründe sowie Zusammenhänge genauer und arbeiten heraus, wie man mit Tai Chi den Schlaf verbessern kann.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen, viele neue Erkenntnisse und selbstverständlich allzeit erholsame Nächte und angenehme Träume!
Was ist Tai Chi?
Der Ausdruck Tai Chi entstammt der chinesischen Philosophie und lässt sich wörtlich mit „große Polarität“ oder auch mit „das höchste Äußerste“ übersetzen. Tai Chi basiert auf der gegenseitigen Abhängigkeit bzw. dem Wechselspiel aus Yin und Yang.
Viele Menschen verbinden Tai Chi mit Schattenboxen und denken dabei insbesondere an Bilder aus China, wo kleine oder größere Personengruppen in öffentlichen Parks relativ synchron weiche und langsame Übungen praktizieren. Auch in deutschen Großstädten kann man mitunter auf die ein oder andere Tai Chi Gruppe treffen, wenn man zur richtigen Zeit in den Grünanlagen unterwegs ist.
Tai-Chi, das
(in der chinesischen Philosophie) Urgrund des Seins, aus dem alles entstehtHerkunft
chinesisch tàijí (Pinyin), aus: tài = äußerst, extrem und jí = Grenze(aus einer chinesischen Technik der Selbstverteidigung hervorgegangene) Abfolge von Übungen mit langsamen, fließenden Bewegungen von meditativem Charakter; Schattenboxen
Herkunft
kurz für chinesisch tàijí quán, zu: quán (Pinyin), zu: quan = Faust, eigentlich = die Faust des höchsten Letzten
Ursprünge des Tai Chi
Um die Ursprünge des Tai Chi ranken sich viele Mythen und Legenden, wobei die tatsächliche Entstehung des Tai Chi weitgehend ungeklärt ist. Sicher ist, dass die Kampfkunst in China bereits sehr lange Tradition hat.
Der Kampf zwischen Kranich und Schlange – Zhang Sanfeng
Eine der zahlreichen Legenden, rund um die Entstehung des Tai Chi sieht den daoistischen Mönch Zhang Sanfeng als Begründer an. Zhang Sanfeng war vermutlich im 13. Jahrhundert nach Christus in den chinesischen Bergen zuhause.
Irgendwann beobachtete der Mönch wie ein Kranich mit einer Schlange kämpfte. Und obwohl eigentlich davon auszugehen war, dass der körperlich überlegene, große Vogel mühelos den Sieg über das Kriechtier erringen sollte, ging der Kampf überraschend anders aus. – Die Schlange gewann aufgrund ihrer runden geschmeidigen Bewegungsabläufe die Oberhand, da es dem Kranich nicht gelang, das Reptil zu fassen zu bekommen und er am Ende vor Erschöpfung aufgeben musste.
Zhang Sanfeng hatte sich zuvor schon sehr intensiv mit dem Fluss der Energie und Atmung auseinandergesetzt. Dieses Wissen soll er dann in Verbindung mit den aus dem Kampf zwischen Kranich und Schlange gewonnen Erkenntnissen genutzt haben, um das Tai Chi zu entwickeln. Oberstes Ziel dabei war es, einen Einklang zwischen Körper und Geist zu erreichen.
Video: Tai Chi – Eine Reise zu den Quellen der Kraft – Doku
Exkurs: Daoismus, Konfuzianismus, Buddhismus
China wird auch heute noch von drei Lehren geprägt, die wir Ihnen nachfolgend kurz vorstellen wollen:
Was ist Daoismus?
Daoismus – auch Taoismus – geht zurück auf den Begriff Dao bzw. Tao, was Weg bedeutet. Man sollte sich darunter jedoch eher eine Methode oder eine Art und Weise, etwas zu erreichen, vorstellen.
Der Daoismus sollte als grundlegendes Prinzip, nach welchem die ganze Welt funktioniert, verstanden werden. Dabei geht es nicht darum, Einfluss auf dieses Prinzip zu nehmen, sondern viel mehr darum, es zu erkennen.
Zu den Aufgaben des Menschen gehört es, die Gesetzmäßigkeiten der Weltordnung zu erkennen, zuzulassen und sich entfalten zu lassen.
Mehr dazu im Schlafmagazin:
Taoismus
Was ist Konfuzianismus?
Der Konfuzianismus ist auf Kong Zi zurückzuführen, welcher von christlichen Mönchen mit dem Namen Konfuzius angesprochen wurde.
Basis der Lehre des Konfuzius sind Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Weisheit, Güte und ethisches Verhalten.
Einzuordnen ist der Konfuzianismus zwischen Philosophie und politischer Auslegung. So begrüßenswert es ist, das Denken an die eigene Person zu reduzieren, um so problematischer ist die vollständige Unterordnung des einzelnen Individuums unter das Gemeinwohl.
Mehr dazu im Internet:
Der Konfuzianische Staat: Die ideale Regierungsform für China? – Robert Bosch Academy
Was ist Buddhismus?
Die Wurzeln des Buddhismus liegen in Indien. Heutzutage ist der Buddhismus die viertgrößte Religion weltweit.
Buddhisten glauben, dass sämtliche Lebewesen der Erde in einem fortwährenden Kreislauf wiedergeboren werden. Das Ziel für die Anhänger des Buddhismus besteht darin, diesen ewigen Kreislauf zu überwinden.
Im Buddhismus sind außerdem die vier edlen Wahrheiten von großer Bedeutung. Diese besagen, dass Hass, Gier und Verblendung die Verantwortung für das Leiden im Leben tragen. Durch den achtfachen Pfad kann man diese „Geistesgifte“ eliminieren. Der achtfache Pfad lehrt unter anderem rechte Rede, rechte Erkenntnis und rechtes Handeln
Mehr dazu im Internet:
Kernaussagen des Buddhismus – planet wissen
Wie viele Tai Chi Stile gibt es?
Es werden fünf Hauptstile beim Tai Chi unterschieden, welche jeweils den chinesischen Namen der Familie tragen, aus der die Person stammt, die den Stil entwickelt hat.
Stile des Tai Chi
- Chen-Stil
- Yang-Stil
- Wu Jianquan-Stil
- Wu-Stil
- Sun-Stil
Was versteht man unter der Peking-Form?
Die inneren Kampfkünste waren unter Mao Zedong verboten. Das Sportkomitee der Volksrepublik China erklärte Tai Chi daher kurzerhand zur einfachen Gymnastik und führte 1956 eine Beschränkung auf 24 Figuren ein, welche ihren Ursprung im Yang-Stil haben. Man bezeichnet die Peking-Form des Tai Chi wegen der Figuren-Limitierung auch als 24er-Form.
Verständlicherweise war die Peking-Form des Tai Chi eine Zeitlang als Regierungsform verpönt. Heute ist sie jedoch in China sowie auch weltweit die am meisten ausgeübte Stilrichtung des Tai Chi und zum regelrechten Volkssport avanciert, was bei den zahlreichen Tai Chi Gruppen in den Parks und auf Plätzen in China sehr gut beobachtet werden kann.
Anfänger haben bei der Peking Form des Tai Chis den Vorteil, dass sie lediglich 24 Figuren und nicht 100 oder mehr wie bei einigen anderen Stilrichtungen des Tai Chi erlernen müssen. Auf diese Weise können sie ihren Fokus ganz auf die exakte Durchführung der einzelnen Figuren legen.
Die 24 Figuren der Peking-Form tragen sehr klangvolle Bezeichnungen und sind teilweise bildhaft und teilweise technisch zu verstehen. Die Bewegungen fließen kontinuierlich – es gibt weder Tempowechsel noch Stopps. Die Ausführung der gesamten Peking-Form erstreckt sich über eine Zeitspanne von etwa fünf bis sechs Minuten.
- Anfang – Das Qi wecken
- Die Mähne des Wildpferds teilen | links und rechts
- Der weiße Kranich breitet seine Schwingen aus
- Das Knie streifen (schützen) mit Drehschritt links und rechts
- Die Laute (Pipa) spielen
- Rückwärts gehen und den Affen abwehren
- Den Vogel beim Schwanz fassen | links
- Den Vogel beim Schwanz fassen | rechts
- Die einfache Peitsche
- Wolkenhände – die Hände wie Wolken bewegen
- Die einfache Peitsche
- Das Pferd am Hals klopfen
- Stoß mit der Ferse | rechts
- Doppelter Wind verehrt die Ohren – auf die Ohren schlagen
- Den Körper drehen und Stoß mit der Ferse stoßen | links
- Die gehockte Peitsche | links – Schlange und Goldener Hahn
- Die gehockte Peitsche | rechts – Schlange und Goldener Hahn
- Die Fee am Webstuhl – das Weberschiffchen schleudern | links und rechts
- Die Nadel vom Meeresgrund holen
- Die Arme wie einen Fächer ausbreiten
- Drehen, Abwehren nach unten, Parieren und mit der Faust stoßen
- Hände zurückziehen und stoßen
- Die Hände kreuzen
- Abschluss / Form beenden
Beim Erlernen der Peking-Form sollte man zu Beginn vor allem auf die korrekten Stellungen der Füße achten. Es gibt in diesem Zusammenhang nur wenig unterschiedliche Fußstellungen, welche jedoch unterschiedliche kombiniert werden. Danach sollte man die Konzentration auf die Körperdrehungen legen. Schultern und Hüften bewegen sich immer als Einheit, wobei sämtliche Drehimpulse vom Becken ausgehen. Wenn Fußstellungen und Körperdrehungen „sitzen“, kann man beginnen, sich intensiver auf die Bewegungen von Armen und Händen zu fokussieren.
Diese stufenweise Vorgehensweise ist sinnvoll, da im Tai Chi die Arme stets den Beinen und dem Becken folgen. Die Beine stellen eine solide und kraftvolle Grundlage für sämtliche Bewegungen dar, die Hüften sind geschmeidig und die Armbewegungen erfolgen schwebend und weich.
Wer die Peking-Form sehr gut beherrscht, kann sich mit der 48 Bilder Form (auch: 48 Bilder Peking-Form) beschäftigen und versuchen, diese zu erlernen. Für die Entwicklung der 48 Bilder Form war ebenfalls das chinesische Sportkomitee verantwortlich. Die 48 Bilder Form ist ein Mischstil aus den oben genannten Familienstilen, wobei auch einige bereits bekannte Figuren der Peking-Form integriert sind. Dieses erleichtert fortgeschrittenen Anwendern der Peking-Form den Einstieg in die längere 48 Bilder Form.
Bei der 48 Bilder Form kommen im Gegensatz zur Peking-Form die Aspekte des Kampfes stärker zum Tragen, wobei insbesondere die Verteidigung von Bedeutung ist. So gibt es dabei Figuren wie „Die Faust erheben“, „Den Bogen spannen, um den Tiger zu schießen“ oder auch „Parieren und zuschlagen“.
Warum Tai Chi auch Schattenboxen genannt wird
Der synonym für Tai Chi verwendete Begriff des Schattenboxens erklärt sich mehr oder weniger von selbst, wenn man sich die sechste Figur der Peking-Form – Rückwärts gehen und den Affen vertreiben – anschaut. Erdacht wurde der Ausdruck Schattenboxen für Tai Chi bzw. shadow boxing von den Engländern.
Beim der Tai Chi Figur „Rückwärts gehen und den Affen vertreiben“ ist immer eine Hand vor oder nah beim Körper, während die andere Hand einen imaginären Feind abwehrt oder wegstößt. Wenn diese Figur ausreichend trainiert wurde und flüssig ausgeführt wird, erscheint es tatsächlich so, als würde der Tai Chi Praktizierende gegen einen unsichtbaren Gegner oder eben gegen einen Schatten kämpfen.
Warum Tai Chi praktizieren?
Mit dem Praktizieren von Tai Chi sind viele gesundheitliche Vorteile für Körper und Geist verbunden:
Durch Tai Chi wird die Muskulatur gestärkt. Außerdem belegen Studien, dass es durch das Praktizieren von Tai Chi zu einer Verbesserung von Beweglichkeit, Flexibilität und Gleichgewichtssinn kommt. Auf diese Weise reduziert sich – vor allem für Personen in fortgeschrittenem Alter – das Risiko für Stürze und damit gleichsam das Risiko, sich durch Hinfallen Knochenbrüche zuzuziehen. Tai Chi wirkt sich zudem auch optimierend die Koordination aus.
Bewegung ist zudem ein wesentlicher Bestandteil der Traditionellen Chinesischen Medizin, bei der ein großer Fokus auf dem Erhalt der Gesundheit und der Vorbeugung liegt. In diesem Zusammenhang gibt es u. a. klinische Studien, die belegen, dass sich das Praktizieren von Tai Chi nicht nur positiv auf das Herz-Kreislauf-System auswirkt, sondern auch stärkende Effekte bezogen auf das Immunsystem mit sich bringt.
Der Geist profitiert von Tai Chi, weil die langsamen, fließenden Bewegungen im Idealfall im Zusammenspiel mit ruhiger, meditativer Musik entspannend wirken. Sorgen und Probleme treten beim Praktizieren von Tai Chi zudem in der Regel komplett in den Hintergrund, da der Bewegung die volle Aufmerksamkeit und Konzentration gewidmet wird. Diese (kurzfristige) Gedanken- und Kummer-Pause bietet bestimmten Arealen des Gehirns die Möglichkeit zur Regeneration.
Tai Chi kann dazu beitragen, das innere Gleichgewicht zu finden, Stress abzubauen und so die beste Basis für einen guten und erholsamen Schlaf zu schaffen. Auch Schlafprobleme können durch regelmäßiges Tai Chi gelöst werden. Tai Chi bietet sich beispielsweise ideal als regelmäßiges Ritual zum Tagesabschluss und zur Einstimmung auf die Nachtruhe an. Gleichzeitig kann Tai Chi am Morgen auch für einen gelungenen und entspannten Start in den Tag praktiziert werden.
Für wen eignet sich Tai Chi?
Wenn man sich die Tai Chi Gruppen in den chinesischen Parks anschaut, so sieht man Menschen jeden Geschlechts und jeden Alters. So ist das Praktizieren von Tai Chi insbesondere für ältere Personen empfehlenswert, da ihnen die langsamen Bewegungsabläufe des Tai Chi entgegenkommen.
Tai Chi eignet sich auch bereits für Kinder, da sie durch Tai Chi schon früh lernen, ihren Körper wahrzunehmen und auszubalancieren. Auf diese Weise wird auch Fehlhaltungen vorgebeugt. Kinder profitieren zudem auch von den positiven Effekten, die Tai Chi auf den Geist hat und haben damit eine Technik zur Hand, um gezielt Ruhe zu finden und Entspannung zu erreichen.
Tai Chi über einen Kurs erlernen
Sicherlich bieten das Internet, Bücher und Videos vielfältige Möglichkeiten, um sich mit intensiv mit dem Tai Chi und den damit verbundenen Bewegungsabläufen vertraut zu machen. Doch ist es eine ganz andere Sache, ein ganz anderes Erleben, wenn man Tai Chi von einem erfahrenen Lehrer in einem Kurs mit anderen zusammen erlernt.
Im Rahmen eines Tai Chi Kurses hat man die Möglichkeit, sich mit den anderen Teilnehmern auszutauschen und findet vielleicht sogar neue Freunde. Außerdem erhält man durch die Teilnahme an einem Tai Chi Kurs auch Rückmeldung dazu, wie man die einzelnen Figuren der Form ausführt und kann so ggf. Anpassungen vornehmen, damit alles korrekt ist und man alle Figuren der Form flüssig nacheinander absolvieren kann.
Wenn man sich im Rahmen von Schnupperstunden nach einem geeigneten Tai Chi Kurs bzw. Tai Chi Lehrer in seiner näheren Umgebung umschaut, sollte man darauf achten, dass der Lehrer ausreichend nach seinen Schülern schaut und diese ggf. auch korrigiert, statt lediglich selbst mitzumachen.
Personen, die gesundheitlich beeinträchtigt oder körperlich eingeschränkt sind, sollten dieses vorab mit dem Tai Chi Lehrer besprechen, damit dieser sagen kann, worauf bei dieser speziellen Ausgangslage zu achten ist.
Video: Tai Chi Step by Step For Beginners Training Session 1