Wird man von Schlafmangel dick?
Ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, eine sitzende Tätigkeit – für Übergewicht gibt es viele Gründe. Die Entwicklung ist besorgniserregend: Vor allem in den westlichen Industrieländern werden die Menschen immer dicker. Das beginnt schon im Kindesalter. So mancher Forscher sucht inzwischen nach neuen, noch unbekannten Auslösern für die steigende Anzahl von Übergewichtigen. Nun mehren sich die Hinweise darauf, dass auch Schlafmangel zu den Dickmachern gehört. Die Ursachen sind jedoch noch nicht ausreichend erforscht.
Eine schlaflose Gesellschaft
Liegt es an unserer Leistungsgesellschaft? Am hektischen Lebensstil? Vielleicht auch an der Unterhaltungsindustrie oder gar am Verkehrslärm? Was auch die Gründe sind: Fakt ist, dass wir alle immer weniger schlafen. In den letzten 50 Jahren hat sich die durchschnittliche Schlafdauer des Menschen um fast zwei Stunden reduziert. Dabei hat sich unser Schlafbedürfnis jedoch nicht geändert, denn das ist genetisch festgelegt: Genetischen Kurzschläfern reichen zur Regeneration fünf oder sechs Stunden. Die Anderen brauchen etwas länger, um morgens ausgeruht und frisch aus den Federn zu steigen. Doch wie wirkt sich der konstante Schlafmangel auf die Gesundheit des Einzelnen aus? Und kann es sein, dass die Reduzierung der Schlafdauer auf der einen und das ansteigende Übergewicht auf der anderen Seite miteinander zusammenhängen?
Schlafmangel kann die Esslust fördern
Viele Forscher sind sich inzwischen sicher, dass es einen nachweisbaren Zusammenhang gibt. Eine der gängigsten Theorien besagt, dass zu wenig Schlaf den Hormonhaushalt durcheinanderbringt. Denn es sind zwei Hormone, die Appetit und Sättigung steuern: Ghrelin und Leptin. Ghrelin wird im Magen gebildet und sorgt dafür, dass wir Hunger bekommen. Das Sättigungsgefühl verdanken wir dem Leptin, das unser Körper hauptsächlich im Fettgewebe produziert.
Wer zu wenig schläft, hat einen hohen Ghrelinspiegel im Blut, während der Leptinspiegel erniedrigt ist. Schlafmangel macht also Appetit. Doch diese recht einfache Theorie hat durchaus einen Haken: Steigt die Körperfettmasse, wird automatisch mehr Leptin produziert. So müsste das Ungleichgewicht eigentlich ausgeglichen werden. Dieser Widerspruch konnte bisher nicht aufgelöst werden. Es wird wohl noch einige Forschungsarbeit brauchen, bis die Zusammenhänge völlig verstanden sind.
Macht zu wenig Schlaf unsere Kinder dick?
Apropos Fettgewebe – einige Studien legen den Schluss nahe, dass der Zusammenhang zwischen Schlafmangel und Übergewicht mit einem erhöhten Anteil an Fettgewebe einhergeht. Es hat sich herausgestellt, dass Menschen mit kurzer Schlafdauer zumeist einen größeren Bauchumfang haben. Probanden, die in einer Studie weniger als fünf Stunden schliefen, wiesen außerdem einen höheren Anteil an Körperfett auf als Testpersonen, die nicht unter Schlafmangel litten. Wohlgemerkt: Diese Ergebnisse beruhen alleine auf Beobachtungen. Über Ursachen machen die Studien keinerlei Aussage.
Besonders auffällig ist dieser Zusammenhang übrigens bei Kindern: Es sind vor allem die Halbwüchsigen mit einem hohen Body-Mass-Index, die regelmäßig zu wenig schlafen. Eine andere Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass Jugendliche mit Schlafmangel viel öfter zu fetthaltigen Lebensmitteln greifen – zwei wirklich alarmierende Ergebnisse. Es ist deshalb sehr wichtig, dass bereits Kindesalter das Fundament für ein gesundes Schlafmuster gelegt wird. Übergewichtsprävention hat nämlich nicht immer nur mit der richtigen Ernährung zu tun. Auch, wenn Eltern sich damit unbeliebt machen: Wer für genügend Schlaf sorgt, wirkt einem möglichen Übergewicht im Kindesalter entgegen.
Schlafstörungen fördern Diabetes
Dass zwischen Diabetes und Schlafstörungen ein direkter Zusammenhang besteht, ist nicht wirklich neu. Viele Diabetiker leiden unter Komplikationen, ständigen Schmerzen oder auch dem Stress der Behandlung – und das hat natürlich Auswirkungen auf die Qualität der Nachtruhe. Dass aber Schlafmangel Diabetes sogar auslösen kann, ist eine relativ neue Erkenntnis.
Eine japanische Studie legt den Schluss nahe, dass Ein- und Durchschlafprobleme das Risiko erhöhen, an Diabetes zu erkranken. Dabei wurden über mehrere Jahre die Gesundheitsdaten von über 1000 Männern gesammelt und ausgewertet. Zusätzlich erfragten die Forscher bei den Teilnehmern Symptome für gestörten Schlaf. Das Ergebnis: Probanden, die erhöhte Langzeit-Blutzuckerwerte aufwiesen, hatten häufig mit Durchschlafproblemen zu kämpfen oder wachten morgens viel zu früh auf.
Auch wenn die Ergebnisse einen Zusammenhang nahe legen: Warum Menschen, die unter Schlafmangel leiden, ein erhöhtes Diabetesrisiko haben, konnten die Forscher bisher nicht herausfinden. Es gibt allerdings Vermutungen, dass es durch den schlechten Schlaf zur Ausschüttung von Stresshormonen kommt, die wiederum eine Diabetes-Erkrankung begünstigen. In jedem Fall wird Patienten mit Schlafstörungen empfohlen, ihre Blutzuckerwerte im Auge zu behalten.
Schlafentzug belastet den Stoffwechsel
Auch wenn die genauen Ursachen noch nicht verstanden sind – dass ständiger Schlafmangel den Organismus belastet und den Stoffwechsel durcheinanderbringt, steht wohl außer Frage. Wer auf Dauer gesund und schlank bleiben möchte, sollte sich also eine Stunde Schlaf mehr gönnen. Ein ständiger Raubbau am eigenen Körper rächt sich nämlich mit der Zeit. Nur wer sich ausreichend Regeneration gönnt, bleibt leistungsfähig und startet morgens voller Energie in den Tag. Deshalb: Schlafen Sie gut – und lang genug!