Die Geschichte der Nachtwäsche

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Geschichte der Nachtwäsche - Hintergründe und EntwicklungenHeutzutage gibt es ein großes Angebot an Nachtwäsche in Form von unterschiedlichsten Schlafanzügen bzw. Pyjamas und diversen Arten von Nachthemden. In unserem heutigen Schlafmagazin Artikel beschäftigen wir uns mit der Geschichte der Nachtwäsche. – Wir werfen einen Blick zurück ins Mittelalter und schauen uns genauer an, wie sich die Nachtkleidung im Laufe der Zeit verändert hat.


Nachtmütze und sonst nichts

In früheren Zeiten war die Nachtmütze oder Schlafmütze oft die einzige Nachtwäsche, die getragen wurde.Während des Mittelalters schliefen die meisten Menschen nackt. Da der Körper in der Regel durch die Verwendung mehrerer Decken ausreichend warm gehalten wurde, setze man sich meist lediglich eine Mütze (Stichwort: Schlafmütze, Nachtmütze) auf den Kopf, um auch das Haupt zuverlässig vor der Kälte zu schützen.

Nach getanem Tagewerk entledigte sich der Burgherr im Mittelalter am Abend seiner Kleidung bzw. ließ sich von Dienern seine Kleidung abnehmen und wusch sich bzw. reinigte zumindest seine Füße. Danach bedeckte er seinen Kopf mit einer Mütze oder auch einem feinen Tuch und legte sich – ansonsten gänzlich unbekleidet – neben seine Frau ins Bett.

Mit Kopfbedeckung in den Schlaf – Nachtmütze / Schlafmütze

Da ein Gros der Körperwärme des schlafenden Menschen über seinen Kopf abgegeben wird und es in den Schlafzimmern der früheren Jahrhunderte sehr kalt war, war das Tragen einer Schlafmütze absolut gebräuchlich. Nahezu alle Männer, aber auch sehr viele Frauen trugen nachtsüber Mützen auf ihrem Haupt.

Als Bestandteil der Kultur wurde das Erscheinungsbild der Schlafmütze analog zu allen anderen Kleidungsstücken auch immer sehr stark von der jeweiligen Mode beeinflusst. So gibt es Stiche und Gemälde aus dem Mittelalter auf denen Schäfer mit Hauben aus gewickelten Stoffbändern dargestellt waren. Ab etwa 1500 wurden Nachtmützen im Strickverfahren aus Wolle gefertigt.

Dekadent ging es zu Zeiten Heinrichs IV. von Frankreich (1553 – 1610) zu: Reiche Leute ließen sich ihre aus edlen Materialien hergestellten Schlafmützen noch zusätzlich mit großen Edelsteinen besetzen.

Noch bis weit ins 19. Jahrhundert hinein, war die Schlafmütze überall verbreitet und in Benutzung. So mussten beispielsweise die Rekruten im englischen Heer nicht nur Degen, Pistole und Landkarte fortwährend bei sich tragen, sondern auch eine Schlafmütze aus Wolle.

Heutzutage ist die Schlafmütze – nicht zuletzt aufgrund der überall vorhandenen Zentralheizungen – aus der Mode gekommen. Einzig Säuglinge legt man mitunter noch mit einer Kopfbedeckung zum Schlafen ab.

Das Hemd war zu jener Zeit ein Teil der Bekleidung, der nur am Tage getragen und zum Schlafen abgelegt wurde. Dieses geschah unter anderem deshalb, weil es damals üblich war, mit der Person, mit der man sein Nachtlager teilte, nackt – Haut an Haut – zu schlafen. Hätte man da sein Hemd anbehalten, wäre dieses als Beleidigung aufgefasst worden.

Nachtwäsche als Kommunikationsmittel

Das Anbehalten des Hemdes wurde von Männern auch bewusst genutzt, um ihrer Frau – oder auch irgendeiner Frau – zu signalisieren, dass er weniger Zuneigung für sie empfindet oder sie schlichtweg weniger respektiert. In der Literatur finden sich Hinweise auf ein derartiges Verhalten z. B. bei Chrétien von Troyes in seinem Werk Le Chevalier de la charrette über Lancelot. In diesem Roman beschrieb von Troyes, dass Lancelot einmal bei einer Dame übernachten musste, welche lediglich im Besitz eines Bettes war. Die Frau hatte sich quasi auf den ersten Blick in den Ritter verliebt, doch erwiderte dieser ihre Gefühle überhaupt nicht. Aus diesem Grund behielt Lancelot sein Hemd während der Nacht an, was die Frau zu deuten wusste und ihn deshalb in Ruhe ließ.


Nachthemden für alle

Die Modetrends im späten 16. Jahrhundert wurde von eng geschnürten Gewändern, welche in mehreren Schichten übereinander getragen wurden, sowie von gepuderten Perücken dominiert. Aus diesem Grund war es kaum verwunderlich, dass es Frauen wie Männer schätzen, wenn es möglich war auf legere, bequemere Kleidungsstücke auszuweichen. So wurde das Nachthemd als eigenständiges Teil der Garderobe entwickelt. Die Nachthemden jener Tage waren zunächst weite Kutten, die bis an die Knöchel reichten, mit Knöpfen auf der Vorderseite und langen Ärmeln.

Da es zu dieser Zeit noch keine Zentralheizungen gab und in den Schlafzimmern häufig niedrige Temperaturen herrschten, sollte das Nachthemd auch wärmende Eigenschaften aufweisen. Für wohlhabende Leuten wurde das Nachthemd deshalb oft aus Wolle oder Samt gefertigt und teilweise noch zusätzlich mit Pelz besetzt.

Nahezu 150 Jahre lang dominierte das Nachthemd im Schlafzimmer, wobei die einfache Hemdbasis für beide Geschlechter identisch war. Die Schlafgewänder der Frauen waren aber meist etwas dekorativer (Spitzen, Bänder, Stickereien) gestaltet.

Das Negligé für Damen und kürzere Nachthemden für Herren

Negligé - spezielle Nachtwäsche für Frauen - Geschichte der NachtwäscheIm 18. Jahrhundert veränderten sich die Nachthemden für Frauen und Männer weiter. Für Frauen kam zu dieser Zeit das Negligé (lateinisch neglegere für missachten, vernachlässigen) auf. Dabei handelt es sich um ein eng am Körper anliegendes Kleid, welches aus Seide oder Brokat gefertigt und mit Spitzen oder Rüschen verziert war. Gedacht war das Negligé in erster Linie als zwangloses Kleidungsstück für den Aufenthalt in den eigenen vier Wänden (tagsüber). Die Damenwelt ging allerdings vermehrt dazu über, auch während der Nacht statt eines klassischen Nachthemdes ein Negligé zu tragen. Aus dem Nachthemd wurde dementsprechend ein Nachtkleid.

Auch die Mode der Herren-Nachthemden veränderte sich zunehmend. So verlor das simple, sackförmige Hemd des Mannes an Länge, wobei es zunächst unterhalb der Knie und später oberhalb der Knie seinen Abschluss fand. Es war durchaus üblich, dass der Mann daheim nur eine Hose und sein Nachthemd trug. Viele Männer behielten ihre Nachthemden sogar tagsüber als Unterhemd an, wenn sie das Haus verließen.


Einzug des Pyjamas ins Schlafzimmer

Aufgrund der wachsenden Handelsbeziehungen mit Persien im ausgehenden 19. Jahrhundert fanden bequeme Freizeithosen ihren Weg nach Europa, wo sie sich schon bald einer zunehmenden Beliebtheit erfreuten. Diese Hosen zeichneten sich durch einen weiten Schnitt aus, welcher an die Pluderhosen der islamischen Frauen im Vorderen Orient erinnerte. Bezeichnet wurden die weiten Hosen als Pyjama – angelehnt an den Hindi-Ausdruck Paejama, was sich mit Beinkleid übersetzen lässt.

Vorerst entdeckten die Herren der Schöpfung die Pyjama Hose als moderne Alternative zum langen Nachtgewand.

Nachthemd und Pyjama hatten zunächst nicht viele Gemeinsamkeiten, außer Bestandteil der Nachtwäsche zu sein. Sie wurden weder aus identischen Stoffen gefertigt noch in Farben oder Muster aufeinander abgestimmt. Die Entwicklung zu einheitlichen Schlafanzügen mit Oberteilen und Hosen, die zusammenpassen bzw. optisch eine Einheit bilden, erfolgte erst im weiteren Zeitverlauf.


Nachtwäsche im 20. Jahrhundert

In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts begannen auch emanzipierte Frauen mit dem Tragen von Pyjamas, wodurch diese sich zunehmend bei der Damenwelt verbreiteten. Nachher in den 1930er Jahren waren dann elegante Nachthemden aus Seide en vogue.

Mit der rasanten Entwicklung der Filmbranche spielte auch die Nachtkleidung zunehmend eine Rolle in den verschiedensten Filmen. – Unvergessen beispielsweise das züchtig geschnittene, langärmelige Nachthemd der Scarlett O’Hara (gespielt von Vivien Leigh) im Film „Vom Winde verweht“ aus dem Jahr 1939.

Video: BABY DOLL (1956) Original Carroll Baker Trailer | W. David Lindholm


Durch den US-amerikanischen Film „Baby Doll – Begehre nicht des anderen Weib“ aus dem Jahr 1956 wurde die Kombination aus ultrakurzem Nachthemdchen und passendem kurzen Höschen populär. Der Film wurde sogar namensgebend für diese sehr spezielle Art der Damen-Nachtwäsche, welche von der Hauptdarstellerin getragen wurde.


Video: Bettgeflüster – 1959 | Classic Movies Preview


Unbedingt erwähnenswert auch die Filme „Bettgeflüster“ (1959) und „Ein Pyjama für zwei“ (1962) mit der zauberhafte Doris Day und dem charmanten Rock Hudson, in denen die Nachtwäsche zwar keine Hauptrolle spielte, aber oft präsent war.


In den 1960ern und 1970ern wurde der Verzicht auf die Nachtwäsche wieder populär. – Zu Zeiten der sexuellen Revolution wurde das Nacktschlafen als frei und fortschrittlich angesehen, während der Griff zum Pyjama oder zum Nachthemd als rückständig und prüde verpönt war. Wenn Sie mehr über das Nacktschlafen wissen wollen, empfehlen wir Ihnen unseren Schlafmagazin-Artikel: Nackt schlafen – gesund oder schädlich?


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Annika Franke

Annika Franke

Als Redakteurin haucht sie seit 2018 den Produkten des Online-Shops Betten.de mit ihren Texten Leben ein. Darüber hinaus schreibt sie gerne Artikel für das Schlafmagazin zu verschiedenen Themen.

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