Cocooning: Der Wohn-Trend einfach erklärt
Warum für den Trend allerdings mehr nötig ist, als ein paar Lammfelle auszulegen und weshalb das Thema fast schon eine soziologische Brisanz hat, erfahren Sie in diesem Artikel.
Was genau verbirgt sich hinter dem Begriff Cocooning?
Der Ausdruck spielt mit dem Bild eines sich verpuppenden Schmetterlings. Dabei spinnt sich die Larve in ihren Kokon ein und verweilt gemütlich in dem Gehäuse. Nichts und niemand kann sie in dem bequemen Domizil aus der Ruhe bringen.
Genau dieses entspannte „sich einigeln im eigenen Zuhause“ wird mit dem Begriff Cocooning zum Ausdruck gebracht. Der Lebensstil beschreibt den freiwilligen Rückzug in die eigenen vier Wände. Um es sich zuhause so behaglich wie möglich zu machen, mutiert die Wohnung zu einer urbanen Wohlfühl-Oase.
Ist Cocooning ein Einrichtungstrend?
Nein. Gemeint ist vielmehr ein gewisser Lifestyle bzw. eine Weltanschauung in Form von Wohnen, Leben und Denken. Bereits im letzten Jahrhundert konnten US-amerikanische Forscher den eigenwilligen Trend ausmachen – und zwar über alle Gesellschaftsschichten hinweg. Sie stellten fest, dass in unruhigen politischen Zeiten und im Zuge explodierender Kosten die Menschen sich vermehrt ins Private zurückziehen. Denn: Im eigenen Zuhause herrschen Sicherheit und Frieden, die Welt ist noch in Ordnung. Fast könnte man konstatieren, Cocooning hat die vormals verpönte Spießigkeit modern und salonfähig gemacht.
Auswirkungen der Strömung im gesellschaftlichen Miteinander
Das soziale Leben findet bei dem Trend überwiegend zuhause statt. Während in den 80er und frühen 90er Jahren das Ausgehen noch üblich war, entwickelte sich fortan die Tendenz des gemütlichen Beisammenseins in der eigenen Wohnung. Gemeinsames Kochen, lustige Spieleabende oder kollektives Binge Watching werden beim Cocooning favorisiert. Die Konsequenz: Das Zuhause wird atmosphärisch aufgewertet und dient als neues Statussymbol.
Die schönen Seiten des Trends
Weil sich nun das soziale Miteinander überwiegend in der eigenen Wohnung abspielt, sollte in allen Räumen eine angenehme Atmosphäre vorherrschen. Je gemütlicher das Zuhause ist, desto besser kann man sich dort verkapseln.
Cocooning macht dabei keine Vorschriften. Vielmehr offeriert der Stil ein Bündel an Möglichkeiten, um mit Accessoires, Möbeln oder Farben den jeweiligen Raum stimmungsvoll aufzuwerten. Die beiden Stilrichtungen Lagom und Hygge werden dabei kreativ miteinander verknüpft und auch der eigene Geschmack ist willkommen. Insgesamt sollte die Ausrichtung eine warme Gemütlichkeit, Freundlichkeit und eine authentische Unaufgeregtheit vermitteln.
Das braucht man in jedem Fall:
Der Stil lebt davon, im Haus bleiben zu können und genießerisch Freunde und Familienmitglieder zu beherbergen. Unabdingbar dafür ist etwa ein großer Esstisch mit warmer Oberflächenstruktur, bequeme Stühle mit Lehne sowie ein lässiges Sofa, das zum Müßiggang einlädt. Ausladende Teppiche, sanftes Kerzenlicht, Tierfelle, weiche Kissen oder gestrickte Plaids helfen, es den Gästen und sich selbst so angenehm wie möglich zu machen. Indem die Farben gedämpft, das Licht soft und die Geräusche niemals grell sind, fühlen sich alle wohl.
Weil das gemeinsame Essen und am Tisch verweilen bei Cocooning einen so hohen Stellenwert hat, gibt es dafür sogar den gesonderten Ausdruck „Homing“. Gemeint ist damit das stundenlange Genießen, Philosophieren oder Herumalbern in einer vertrauten Gruppe. Homing funktioniert nebenbei bemerkt nicht nur am Esstisch, sondern kann gleichermaßen rund um die Kochinsel in der Küche, auf der Couch oder eben im Bett zelebriert werden.
Cozy und relaxed – so kommt der Lebensstil ins Schlafzimmer
Der Cocooning Trend lebt vom genüsslichen Entspannen und Nichtstun. Wo geht das besser, als im idyllischen Schlafgemach? Um der hektischen Eintönigkeit zu entfliehen bietet es sich deshalb gerade bei diesem Trend an, das Schlafzimmer nicht nur zum Schlafen, sondern ebenso zum Abschalten und Genießen zu nutzen.
Dafür benötigt man zunächst einmal ein urgemütliches Bett. Das könnte im Landhausstil, im Skandi-Chic oder als opulentes Polsterbett daherkommen. Ob passender Nachttisch oder daneben einfach eine umfunktionierte Kiste platziert, auf der, wie zufällig abgelegt, ein aufgeschlagenes Buch und eine Kanne mit Tee thronen – dem persönlichen Geschmack sind keine Grenzen gesetzt. Die weiche und mehrlagige Bettwäsche darf locker aufgelegt sein. Allzu perfekt muss es bei dem Trend nicht ausschauen – dafür aber einladend und familiär.
Das Ensemble wird durch zwei bequeme Sesselchen, eine wattierte Bettbank oder einen runden Pouf erweitert. Praktisch ist zudem ein schmaler Schreibtisch, an dem man am Abend das Geschehen in einem Tagebuch festhalten kann.
Charmant wird der Look, wenn die Wand in unaufgeregten Nuancen gestaltet ist. Ob antike Bilderrahmen, moderne Poster oder Spiegel angebracht sind, bleibt dem persönlichen Geschmack überlassen. Die Atmosphäre sollte einem lässigen Wohnzimmerambiente in nichts nachstehen.
Darauf sollte man achten
Auch wenn es keine starren Regeln gibt, werden Attribute wie Nachhaltigkeit und ökologische Achtsamkeit gerne gesehen. Besonders leicht lassen sich diese Elemente einbringen, wenn man die Motive der skandinavischen Lebensweisheiten Lagom und Hygge berücksichtigt. Somit steckt hinter Cocooning keine Mode mehr, sondern vielmehr eine philosophische Ausrichtung, die gefällig anmutet und der Seele schmeichelt.
Weiterführende Artikel im Schlafmagazin:
Nachteile der Lebensart
Soziologen mahnen, dass der vermehrte Rückzug durchaus negative Auswirkungen für die Gesellschaft haben könnte. Dann nämlich, wenn die häusliche Entspanntheit ins egoistische Desinteresse umkippt und der Einzelne sich weder politisch, zwischenmenschlich noch ehrenamtlich interessieren oder gar engagieren möchte.
In Japan ist der extreme Rückzug einzelner Personen als Krankheit klassifiziert. Diese als Hikikomori bezeichneten Menschen ziehen sich extrem in die eigenen vier Wände zurück, meiden zunehmend die Öffentlichkeit und kapseln sich im Laufe der Entwicklung gänzlich von allen Menschen ab. Dann wird die Wohnung – so heimelig sie auch sein mag – eher zum Gefängnis anstatt zur stimmungsvollen Begegnungsstätte.